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JAZZFEST WERNIGERODE - 25 Jahre Jazzclub

Freitag 26. Januar 2024 - 20:00 Uhr

Konzerthaus Liebfrauen Wernigerode

 

MICHAEL WOLLNY - PIANO Solo

Michael Wollny

Foto: Jörg Steinmetz

 

Michael Wollny

„Der vollkommene Klaviermeister: In einem Atemzug mit Keith Jarrett, Chick Corea, Herbie Hancock, Brad Mehldau, Stefano Bollani und Paul Bley kann man mit Fug und Recht auch Michael Wollny nennen. Er bringt alles mit, was man von einem perfekten Jazzpianisten verlangen kann: virtuose Technik, überschäumende Fantasie, Disziplin und die Fähigkeit zum kreativen Chaos, Sinnlichkeit sowie ästhetisches Gespür.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wolfgang Sandner

Manchmal schreibt der Zufall die erstaunlichsten Geschichten. Ein gutes Dutzend Alben als Leader und über 15 Jahre als Recording-Artist hat sich Michael Wollny Zeit gelassen, für sein erstes „klassisches“ Piano Solo Album.

Zu groß waren seine Neugier und Lust am Zusammenspiel mit anderen musikali-schen Partnern, dem gemeinsamen Finden neuer, ungehörter Musik. Piano Solo, ob auf der Bühne oder im Studio - das ist in der Regel eine einsame Angelegenheit. Doch Anfang 2020 schien die Zeit reif für den Blick nach innen, das Forschen in Wollnys grenzenlosem, über die Jahre immer weiter gewachsenen Fundus aus Musik, Geschichten, Gedanken, Stimmungen, Bildern und Begegnungen. Und dann fällt der zumindest äußerlich einsame Akt der Soloaufnahme im April 2020 mitten in den weltweiten Lock-down. Eine Zeit des Rückzugs nach innen, in der die Welt plötzlich klein und leise wird, von einem Moment auf den anderen ihr Tem-po verliert, in dem ihre Reizflut plötzlich abreißt und in der sich die Menschen auf sich selbst besinnen.
„Es war eine surreale Situation.“ erinnert sich Wollny. „Zwei Tage verbrachte ich, zum ersten Mal seit langem alleine und ohne Mitmusiker, im großen Aufnahmeraum des Berliner Teldex Studios. Auf dem Weg zu den Aufnahmen saß ich alleine im Auto, fuhr durch eine leere Stadt, am Abend lief ich zurück in mein menschenleeres Hotel, es gab nicht nur keine weiteren Gäste, sondern auch kein Personal. Ich war absolut allein mit mir und der Musik, und die Ideen, die sich aus dieser Situation ergaben, gingen weit über den ursprünglich gesetzten Rahmen des Albums hinaus. Das Alleinsein brachte mich dazu, über radikale Solisten nachzudenken, und so kam mir die Geschichte des Astronauten Michael Collins in den Sinn, der während der Apollo 11 Mission alleine den Mond umkreiste, und dabei immer wieder jeden Kontakt zur Erde verlor.“ 46 Minuten und 38 Sekunden – so lange dauerte Collins‘ Blackout im All – genauso lange wie Wollnys Album „Mondenkind“.

Ungeachtet der Einsamkeit der Spielsituation ist „Mondenkind“ ein Dialog. Zu allererst mit der Musik. Wollny erzählt die Geschichte des Albums in Form von kunstvollen, facettenreichen Songs. Alle handeln vom Alleinsein, von Solisten, Einzelgän-gern und Unikaten. Und zusammen ergeben sie einen großen Bogen, voller Spannung und Entspannung, filmisch, erzählend. Gut die Hälfte der Stücke stammen aus Wollnys Feder. Die andere Hälfte von Musikern, die für ihn eine besondere Bedeutung haben: Sängerin und Songschreiberin Tori Amos, die Band Timb-er Timbre, die Neutöner Alban Berg und Rudolf Hindemith sowie das außerweltliche Pop-Planetarium von Sufjan Stevens, Bryce Dessner und Nico Muhly. Es ist Wollnys große Meisterschaft, im sehr persönlichen Zwiegespräch mit diesen extrem gegensätzlichen Elementen eine eigene Welt zu kreieren, in die der Zuhörer nur allzu gerne staunend eintaucht.
„Mondenkind“ ist auch ein Dialog mit dem Raum und dem Instrument. „Das Thema Piano Solo hat klanglich, spiele-risch und erzählerisch heute eine ungeheure Bandbreite“, erläutert Wollny. „Mir war relativ schnell klar, dass ich einen „klassischen“ Ansatz wählen wollte, bei dem der volle, dynamische, lebendige Raumklang eines großen Konzertflügels im Mittelpunkt steht. Kei-ne Studiotüftelei, keine Effekte.“ Man spürt, wie sehr Wollny in diesem Konzept aufgeht, immer wieder in den Klang des Instru-ments und des Raumes hineinhört und auf das Gehörte reagiert. Und mit welcher Freude er das Spektrum des Flügels auslotet, von zarten Melodielinien und Harmonien über donnernde Bass-Gewitter und klirrende Cluster, hin zu den für ihn so charakteristi-schen, sich auftürmenden Klanggebirgen, und dem Spiel im Innenleben des Instruments.
Und schließlich, vielleicht am allerwichtigsten, ist die Aufnahme auch ein Zwiegespräch Wollnys mit seinem künstlerischen Ich. „Mondenkind ist ein Wort, das ich mir ganz zu Beginn dieser Produktion vom Schriftsteller Michael Ende und seiner Unendlichen Geschichte entliehen habe. Das Wort ist kein Selbstportrait, sondern kennzeichnet einen Schlüsselmoment im Buch, in dem der Protagonist - allein auf sich gestellt - seiner Welt einen neuen Namen gibt und damit erneut belebt. Eine Aufgabe, die sich einem Musiker eigentlich mit jedem neuen Album stellt - und ganz besonders mit einem Solo-Album.“ „Mondenkind“ ist ein tiefer Blick in Wollnys persönliches „Book of Sounds“, seinen weiten musikalischen Kosmos, eine Reflexion seiner eigenen Ge-schichte. Und ein sich gegenseitig Inspirieren des Bewussten und des Unterbewussten. Und so ist diese Soloeinspielung schließlich, weder für ihren Erschaffer, noch für den Hörer, doch keine so einsame Angelegenheit. Sondern vielmehr ein kostbarer Moment, ganz bei sich und ganz allein zu sein.

Michael Wollny

www.michaelwollny.com

 

Konzerthaus Liebfrauen, Liebfrauenkirchhof 5, 38855 Wernigerode

Einlass 19:00 Uhr

Vorverkauf: Demnächst in

Jüttners Buchhandlung, Westernstr. 10, 38855 Wernigerode, Tel. 03943 69110

und im Ticket-Online-Shop zum selber ausdrucken.